Projekt Stolpersteine in Heilbronn

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Heilbronn-Horkheim, Hohenloher Straße 15 | Max, Selma, Margot und Johanna Maier, Helene Künstler

Im Haus der Familie Louis und Mathilde Maier in Horkheim wuchsen vier Geschwister auf: Max, Karl, Johanna und Helene. Max wurde am 24. April 1899 geboren, Karl am 11. September 1900, Johanna am 23. Oktober 1902 und Helene am 7. April 1908. Die Adresse lautete damals Sontheimer Str. 15 und umfasste das Wohnhaus mit Stall, Scheune und Gemüsegarten. Der Vater Louis war Viehhändler. Beide Eltern starben im Frühjahr 1929.

Max Maier wurde 1918 als junger Mann zum Ersten Weltkrieg eingezogen. Nach dem Tod der Eltern gehörte ihm zusammen mit seiner ledigen Schwester Johanna der elterliche Betrieb, in dem er die Weiterführung des Viehhandels übernahm. Am 11. Mai 1933 heiratete er Selma Sichel in Grünsfeld bei Tauberbischofsheim. Selma wurde am 20. Oktober 1901 als Tochter von Kirstin und Leopold Sichel in Grünsfeld geboren. Ihr Vater war ebenfalls Viehhändler. Er wurde am 1. Dezember 1937 gezwungen, seine Viehhandlung aufzugeben.

Mit der Eheschließung wurde Selma als Inhaberin des Betriebes geführt. Max Maier war als Geschäftsführer eingetragen. In den Akten ist vermerkt, dass er den Offenbarungseid leisten musste und vielfach vorbestraft sei. Des Weiteren ist ersichtlich, dass Max Maier in Schutzhaft genommen wurde. Der genaue Zeitpunkt und die Gründe ließen sich nicht recherchieren. Nach der Schutzhaft, ab Juni 1933, ordnete das Württembergische Oberamt in Heilbronn die Überwachung mit monatlicher Berichterstattung an. Es sollte festgestellt werden, „ob sich der Betreffende nunmehr jeder politischen Tätigkeit gegen den nationalen Staat und die bestehende Regierung enthält, diesen weder verunglimpft, noch sonst in irgendeiner Weise öffentlich angreift“. Wegen „einwandfreiem Verhalten“ wurden die Meldepflicht und die Berichterstattung ab Dezember 1933 eingestellt.

Am 5. März 1935 wurde dem Ehepaar Selma und Max Maier die gemeinsame Tochter Margot geboren. Im Jahr 1938 verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie Maier, da Max seinen Beruf nicht mehr ausüben durfte. Er arbeitete als Tagelöhner in der Landwirtschaft und als Hilfsarbeiter in der Zuckerfabrik Münster. Jüdische Kinder durften den Kindergarten und die Schule nicht mehr besuchen.

Am 28. November 1941 mussten sich Max, Selma und Margot am Heilbronner Hauptbahnhof einfinden. Die Deportationen von Heilbronn gingen in insgesamt vier Transporten vor sich. Dem ersten Transport war die Familie Max Maier zugeordnet. Es war lediglich bekannt, dass „nach dem Osten abtransportiert“ werden sollte. Der Glaube war noch groß, dass es sich um eine Umsiedlung handeln würde. Am 1. Dezember wurden sie von Stuttgart in das Außenlager Riga verschickt und dort ermordet. Das Mädchen Margot Maier wurde nur sechs Jahre alt.

Der zweitgeborene der vier Geschwister, Karl Maier, arbeitete in Nürnberg als Metzgergehilfe bei der Metzgerei Weil. Er verstarb am 9. März 1922 als 21-Jähriger – Karl hatte sich erschossen. Er wurde auf dem „Neuen Israelitischen Friedhof“ in Sontheim bestattet.

Die Schwester Helene zog 1936 von Horkheim nach Heilbronn und arbeitete dort als Haustochter. Am 3. Februar 1938 heiratete sie ihren Verlobten Isaak Künstler und zog zu ihm nach Prichsenstadt bei Gerolzhofen. Isaak Künstler wanderte am 1. Juli 1939 aus. Er lebte nach dem Krieg in Sydney/Australien und stellte Nachforschungen über Helenes Schicksal an. Warum Helene nicht ebenfalls auswanderte, ließ sich nicht klären. Im Dezember 1939 zog sie von Gerolzhofen nach Sontheim in das jüdische Altersheim „Landesasyl Wilhelmsruhe“ und arbeitete dort.

Auch ihre jüngere Schwester Johanna lebte und arbeitete dort seit 1938. Johanna war zuvor Hausangestellte bei Familie Victor in der Bismarckstr. 27 in Heilbronn. In der „Reichskristallnacht“ im November 1938 wurden das Inventar und sämtliche Lebensmittelvorräte des Altersheims in einer Aktion der NSDAP systematisch zerstört. Im November 1940 musste die jüdische Gemeinde das Gebäude räumen, da umgesiedelte Deutsche aus den Ostgebieten dort untergebracht werden sollten. Die Bewohner wurden zum Teil in ihre Heimatgemeinden und zum Teil in andere Altersheime oder Judengemeinden abgeschoben.

Johanna zog nach Horkheim zurück. Helene begleitete einige Bewohner in die neue Unterkunft in der Lauffener Straße 12 in Sontheim. Bereits vier Wochen später, am 27. Dezember, zog Helene ebenfalls nach Horkheim. Die beiden Schwestern lebten noch ein gutes halbes Jahr im elterlichen Haus. Von dort aus wurden sie am 22. August 1942 mit dem vierten und letzten Transport von Heilbronn nach Theresienstadt deportiert. Am 29. Januar 1943 erfolgte die Weiterverschickung ins Vernichtungslager Auschwitz. Dort wurden Helene Künstler und Johanna Maier ermordet.




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